(1) Im Rahmen einer  Gefährdungsbeurteilung als Bestandteil der Beurteilung der  Arbeitsbedingungen nach § 5 des Arbeitsschutzgesetzes hat der  Arbeitgeber festzustellen, ob die Beschäftigten Tätigkeiten mit  Gefahrstoffen ausüben oder ob bei Tätigkeiten Gefahrstoffe entstehen  oder freigesetzt werden können. Ist dies der Fall, so hat er alle  hiervon ausgehenden Gefährdungen der Gesundheit und Sicherheit der  Beschäftigten unter folgenden Gesichtspunkten zu beurteilen: 
- 1.
 gefährliche Eigenschaften der Stoffe oder Zubereitungen, einschließlich ihrer physikalisch-chemischen Wirkungen,
- 2.
 Informationen  des Herstellers oder Inverkehrbringers zum Gesundheitsschutz und zur  Sicherheit insbesondere im Sicherheitsdatenblatt,
- 3.
 Art  und Ausmaß der Exposition unter Berücksichtigung aller Expositionswege;  dabei sind die Ergebnisse der Messungen und Ermittlungen nach § 7  Absatz 8 zu berücksichtigen,
- 4.
 Möglichkeiten einer Substitution,
- 5.
 Arbeitsbedingungen und Verfahren, einschließlich der Arbeitsmittel und der Gefahrstoffmenge,
- 6.
 Arbeitsplatzgrenzwerte und biologische Grenzwerte,
- 7.
 Wirksamkeit der ergriffenen oder zu ergreifenden Schutzmaßnahmen,
- 8.
 Erkenntnisse aus arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen nach der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge.
(2)  Der Arbeitgeber hat sich die für die Gefährdungsbeurteilung notwendigen  Informationen beim Inverkehrbringer oder aus anderen, ihm mit  zumutbarem Aufwand zugänglichen Quellen zu beschaffen. Insbesondere hat  der Arbeitgeber die Informationen zu beachten, die ihm nach Titel IV der  Verordnung (EG) Nr. 1907/2006  zur Verfügung gestellt werden; dazu gehören Sicherheitsdatenblätter und  die Informationen zu Stoffen oder Zubereitungen, für die kein  Sicherheitsdatenblatt zu erstellen ist. Sofern die Verordnung (EG) Nr.  1907/2006 keine Informationspflicht vorsieht, hat der Inverkehrbringer  dem Arbeitgeber auf Anfrage die für die Gefährdungsbeurteilung  notwendigen Informationen über die Gefahrstoffe zur Verfügung zu  stellen.
(3) Stoffe und Zubereitungen, die  nicht von einem Inverkehrbringer nach § 4 Absatz 1 oder Absatz 2  eingestuft und gekennzeichnet worden sind, beispielsweise  innerbetrieblich hergestellte Stoffe oder Zubereitungen, hat der  Arbeitgeber selbst einzustufen. Zumindest aber hat er die von den  Stoffen oder Zubereitungen ausgehenden Gefährdungen der Beschäftigten zu  ermitteln; dies gilt auch für Gefahrstoffe nach § 2 Absatz 1 Nummer 4.
(4)  Der Arbeitgeber hat festzustellen, ob die verwendeten Stoffe,  Zubereitungen oder Erzeugnisse bei Tätigkeiten, auch unter  Berücksichtigung verwendeter Arbeitsmittel, Verfahren und der  Arbeitsumgebung sowie ihrer möglichen Wechselwirkungen, zu Brand- oder  Explosionsgefährdungen führen können. Insbesondere hat er zu ermitteln,  ob die Stoffe, Zubereitungen oder Erzeugnisse auf Grund ihrer  Eigenschaften und der Art und Weise, wie sie am Arbeitsplatz vorhanden  sind oder verwendet werden, explosionsfähige Gemische bilden können. Im  Fall von nicht atmosphärischen Bedingungen sind auch die möglichen  Veränderungen der für den Explosionsschutz relevanten  sicherheitstechnischen Kenngrößen zu ermitteln und zu berücksichtigen.
(5)  Bei der Gefährdungsbeurteilung sind ferner Tätigkeiten zu  berücksichtigen, bei denen auch nach Ausschöpfung sämtlicher technischer  Schutzmaßnahmen die Möglichkeit einer Gefährdung besteht. Dies gilt  insbesondere für Instandhaltungsarbeiten, einschließlich  Wartungsarbeiten. Darüber hinaus sind auch andere Tätigkeiten wie  Bedien- und Überwachungsarbeiten zu berücksichtigen, wenn diese zu einer  Gefährdung von Beschäftigten durch Gefahrstoffe führen können.
(6)  Die mit den Tätigkeiten verbundenen inhalativen, dermalen und  physikalisch-chemischen Gefährdungen sind unabhängig voneinander zu  beurteilen und in der Gefährdungsbeurteilung zusammenzuführen. Treten  bei einer Tätigkeit mehrere Gefahrstoffe gleichzeitig auf, sind Wechsel-  oder Kombinationswirkungen der Gefahrstoffe, die Einfluss auf die  Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten haben, bei der  Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen, soweit solche Wirkungen  bekannt sind.
(7) Der Arbeitgeber kann bei  der Festlegung der Schutzmaßnahmen eine Gefährdungsbeurteilung  übernehmen, die ihm der Hersteller oder Inverkehrbringer mitgeliefert  hat, sofern die Angaben und Festlegungen in dieser  Gefährdungsbeurteilung den Arbeitsbedingungen und Verfahren,  einschließlich der Arbeitsmittel und der Gefahrstoffmenge, im eigenen  Betrieb entsprechen.
(8) Der Arbeitgeber hat  die Gefährdungsbeurteilung unabhängig von der Zahl der Beschäftigten  erstmals vor Aufnahme der Tätigkeit zu dokumentieren; dabei sind  anzugeben 
- 1.
 die Gefährdungen am Arbeitsplatz,
- 2.
 das Ergebnis der Prüfung auf Möglichkeiten einer Substitution nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 4,
- 3.
 eine  Begründung für einen Verzicht auf eine technisch mögliche Substitution,  sofern Schutzmaßnahmen nach § 9 oder § 10 zu ergreifen sind,
- 4.
 die  durchzuführenden Schutzmaßnahmen, einschließlich der zusätzlich bei  Überschreitung eines Arbeitsplatzgrenzwerts ergriffenen Schutzmaßnahmen  sowie geplanter weiterer Schutzmaßnahmen, die zukünftig zur Einhaltung  des Arbeitsplatzgrenzwerts ergriffen werden sollen,
- 5.
 eine Begründung, wenn von den nach § 20 Absatz 4 bekannt gegebenen Regeln und Erkenntnissen abgewichen wird, und
- 6.
 die  Ermittlungsergebnisse, die belegen, dass der Arbeitsplatzgrenzwert  eingehalten wird oder – bei Stoffen ohne Arbeitsplatzgrenzwert – die  ergriffenen technischen Schutzmaßnahmen wirksam sind.
Auf  eine detaillierte Dokumentation kann bei Tätigkeiten mit geringer  Gefährdung nach Absatz 11 verzichtet werden. Falls in anderen Fällen auf  eine detaillierte Dokumentation verzichtet wird, ist dies  nachvollziehbar zu begründen. Die Gefährdungsbeurteilung ist regelmäßig  zu überprüfen und bei Bedarf zu aktualisieren. Sie ist umgehend zu  aktualisieren, wenn maßgebliche Veränderungen oder neue Informationen  dies erfordern oder wenn sich eine Aktualisierung auf Grund der  Ergebnisse arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen nach der  Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge als notwendig erweist.
(9)  Die Gefährdungsbeurteilung darf nur von fachkundigen Personen  durchgeführt werden. Verfügt der Arbeitgeber nicht selbst über die  entsprechenden Kenntnisse, so hat er sich fachkundig beraten zu lassen.  Fachkundig können insbesondere die Fachkraft für Arbeitssicherheit und  die Betriebsärztin oder der Betriebsarzt sein.
(10)  Der Arbeitgeber hat ein Verzeichnis der im Betrieb verwendeten  Gefahrstoffe zu führen, in dem auf die entsprechenden  Sicherheitsdatenblätter verwiesen wird. Das Verzeichnis muss mindestens  folgende Angaben enthalten: 
- 1.
 Bezeichnung des Gefahrstoffs,
- 2.
 Einstufung des Gefahrstoffs oder Angaben zu den gefährlichen Eigenschaften,
- 3.
 Angaben zu den im Betrieb verwendeten Mengenbereichen,
- 4.
 Bezeichnung der Arbeitsbereiche, in denen Beschäftigte dem Gefahrstoff ausgesetzt sein können.
Die  Sätze 1 und 2 gelten nicht, wenn nur Tätigkeiten mit geringer  Gefährdung nach Absatz 11 ausgeübt werden. Die Angaben nach Satz 2  Nummer 1, 2 und 4 müssen allen betroffenen Beschäftigten und ihrer  Vertretung zugänglich sein.
(11) Ergibt sich aus der Gefährdungsbeurteilung für bestimmte Tätigkeiten auf Grund 
- 1.
 der dem Gefahrstoff zugeordneten Gefährlichkeitsmerkmale,
- 2.
 einer geringen verwendeten Stoffmenge,
- 3.
 einer nach Höhe und Dauer niedrigen Exposition und
- 4.
 der Arbeitsbedingungen
insgesamt  eine nur geringe Gefährdung der Beschäftigten und reichen die nach § 8  zu ergreifenden Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten aus, so müssen  keine weiteren Maßnahmen des Abschnitts 4 ergriffen werden.
(12)  Wenn für Stoffe oder Zubereitungen keine Prüfdaten oder entsprechende  aussagekräftige Informationen zur akut toxischen, reizenden,  hautsensibilisierenden oder erbgutverändernden Wirkung oder zur Wirkung  bei wiederholter Exposition vorliegen, sind die Stoffe oder  Zubereitungen bei der Gefährdungsbeurteilung wie Gefahrstoffe mit  entsprechenden Wirkungen zu behandeln.